Steuerliche Folgen des Bitcoin Forks

Vorab Information: Dies ist ein Gastbeitrag von Dipl.-Finanzwirt und Steuerberater Rüdiger Quermann, welcher bereits seit einigen Jahren erfolgreich zu Steuerthemen im Bereich von digitalen Währungen wie zum Beispiel Bitcoin, Litecoin oder Ethereum berät. Zu Beginn des Jahrs 2017 haben wir auf bitcoin-live.de ein sehr interessantes Interview mit Herrn Quermann führen dürfen. Zum Interview gehts hier….

Steuergeschenk oder Falle?

Der fork bescherte uns zwei Blockchains, zusätzliche BCH (tlw. auch BCC genannt) und damit scheinbar Gewinn aus dem Nichts. Gewonnen ist aber nur, was nach der Steuer bleibt. Und wie sieht es damit aus?

Sind die erhaltenen BCH steuerpflichtige Erträge der BTC wie z B. Einkünfte aus Lending? Dann droht ein Folgeschaden durch die Verlängerung der Spekulationsfrist von einem auf zehn Jahre.

Oder sollte man die BCH besser gar nicht erst angeben, weil es ja keiner merkt? Eher nicht.
Welche legale steuerschonende Beurteilung ist möglich?

http://steuerberater-quermann.de

Coins aus fork steuerpflichtig?

Fraglich ist die Steuerpflicht der aus einem fork erhaltenen coins. Mit dem fork beim Bitcoin und dem vorherigen fork bei Ethereum betreten die Kryptowährungen wieder einmal steuerliches Neuland.

In Zweifelsfällen versuchen Finanzämter eher, einen Mittelzufluss als steuerpflichtig zu behandeln. Ein größerer Schaden droht jedoch als Folgeauswirkung der Steuerpflicht. Werden mit den BTC Einkünfte erzielt, verlängert sich die Spekulationsfrist für die BTC auf zehn Jahre. Bei mittelfristig orientierten Anlegern resultiert daraus eine Steuerpflicht auf den bisher nach einem Jahr steuerfreien Spekulationsgewinn.

Anhaltspunkte liefert uns die bisherige Behandlung von forks bei Kapitalgesellschaften.

Steuerliche Folgen

Eigentlich ist die Sache mit dem fork ja ganz einfach und allgemein bekannt. Nennt sich DNA Replikation. Die war zwar unser aller Anfang, ist aber nicht das beste Denkmodell für die jetzige Frage.

.. bei Kapitaleinkünften

Bessere Hilfen bietet die Behandlung von forks bei Kapitalgesellschaften, für die es steuerliche Vorgaben gibt. Nur nennt sich der fork hier Spaltung oder Spin-off.

Aus einer Kapitalgesellschaft entstehen bei verschiedenen Anlässen neue Kapitalgesellschaften im Weg einer Spaltung oder eines Spin-offs. Auch hier enthält ein Anteilseigner scheinbar aus dem Nichts Anteile einer neuen Gesellschaft.

Die Gretchenfrage ist, ob die Verteilung der neuen Anteile eine steuerpflichtige Sachdividende oder eine steuerfreie Kapitalrückzahlung in Sachwerten ist. Es ergeben sich ziemlich genau die auch beim fork eines coins auftretenden Fragen. Mit denen beschäftigten sich Finanzverwaltung und Literatur in der Vergangenheit vor und nach der Neuregelung zur Besteuerung der Kapitaleinkünfte.

Seit der Neuregelung ab dem Jahr 2009 sind Gewinne aus Aktienveräußerungen Kapitalerträge im Sinne des § 20 EStG. Vorher waren Veräußerungsgewinne den privaten Veräußerungsgeschäften des § 23 EStG zugeordnet.

Bitcoin Cash Chart | 07.08.2017 | Highcharts.com
Bitcoin Cash Chart | 07.08.2017 | Highcharts.com

.. und bei Kryptowährungen

Spaltung oder Spin-off entsprechen der Situation eines coin-forks. Grundsätzlich stellen die beim Spin-off an die Beteiligten übertragenen neuen Anteile/coins einen steuerpflichtigen Ertrag dar.

Die Steuerpflicht entfällt, sofern die Trennung nach den Grundsätzen einer Spaltung erfolgt. Dann gilt die Fußstapfentheorie: Die neuen Aktien/Anteile sollen an Stelle der alten treten, ohne dass hierbei ein Verkauf stattfindet. Der ganze Vorgang bleibt damit erfolgsneutral.
Als Anschaffungsdatum der neuen Anteile gilt der Erwerbszeitpunkt der ursprünglichen Anteile.

Die Spaltung löst keinen Neubeginn einer Spekulationsfrist bei alten oder neuen Anteilen aus. Die bisherigen Anschaffungskosten der alten Anteile (oder coins) werden anteilig Anschaffungskosten der alten und neuen Anteile.

Restunsicherheit bleibt

Aber zurück zu den coins. Selbstverständlich liegen zur Behandlung eines fork weder Verwaltungsmeinungen noch Urteile vor. Der Vorgang entspricht auch nicht völlig einer Spaltung von Gesellschaften. Die ist auf Ebene der Gesellschaft präzise beschrieben, woraus z. B. ein Spaltungsplan entsteht. Solche Regelungen fehlen bei coins.

Bei vergleichbarer Sachlage sollten die Regelungen zur Behandlung eines Spin-offs auch für coins gelten. Deren Verkauf fällt bekanntlich in den Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte, für die eine Spekulationsfrist von 12 Monaten gilt.

Behandelt man den fork also nach Spaltungsgrundsätzen, bleibt bei analoger Anwendung zwölf Monate nach dem Kauf der ursprünglichen Bitcoin auch der Verkauf von BTC und/oder BCH steuerfrei. Bei einem Verkauf in der Frist entstehen dann Auswirkungen aus den zwischen BTC und BCH verteilten Anschaffungskosten.

Bitcoin Chart | 07.08.2017 | | Highcharts.com
Bitcoin Chart | 07.08.2017 | | Highcharts.com

Folgen ohne Erhalt von BCH?

Damit entsteht eine Frage, für die es keine Analogie beim Aktiensplit gibt: Was geschieht mit BTC, für die es keine BCH gab? BCH erhielt nur, wer im Besitz der privaten Keys seiner BTC war. Dies war z. B. bei der Verwaltung über manche Online-Wallets nicht gegeben. Ohne Zugriff auf die privaten Keys gab es keine BCH. Der Kurs der BTC sank trotzdem, obwohl dies bei dem im Vergleich zu Aktien extrem volatilen Kurs wenig auffällt. Rechnerisch fielen aber auch die Anschaffungskosten der BTC, womit die betroffenen Bitcoiner doppelt bestraft sein könnten. Sie verpassten die BCH und haben beim Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist trotzdem eine höhere Steuerbelastung durch die gesunkenen Anschaffungskosten der BTC.

Antworten gibt es im real-life frühestens zur Steuererklärung für 2017, bzw. bei Ethereum schon zur Erklärung 2016. Dann bestimmt das Vorgehen nach den steuerschonenden Spaltungsgrundsätzen oder den ungünstigen Regeln für ein Spin-off über die Steuerbelastung.
Alternativ kann natürlich wie immer ein Antrag auf eine verbindliche Auskunft (§ 89 AO) an das Finanzamt gerichtet werden.

Die Kontaktdaten: